Das 1891 erbaute Schlegelsche Blockhaus wird 1894 zum Blockhaus, Sanatorium

Heinrich Schlegel, seines Zeichens einer der bedeutendsten Großgastronomen um 1870 in der neuen aufblühenden Reichshauptstadt Berlin, war mit sich und seinen Geschäften zufrieden. Die Gründerjahre brachten ihm gute Verdienste. Kaiser Wilhelm I. höchstpersönlich hatte sein Etablissement „REICHSHALLENTHEATER“ mit 1000 Plätzen am Dönhoff Platz zu Berlin eröffnet. In Schlegels REICHSHALLEN, zur Hälfte vornehmes Speise- und Bierrestaurant, zum anderen ein Varieté und Sprechtheater mit Logen und Parkett, etwas an das Münchner Hofbräuhaus erinnernd, vergnügte sich Adel, Militär und das neureiche zu Geld gekommene Bürgertum. In seinem Hause steppte der Bär, wie es damals in Berlin hieß.

Man darf die Reichshallen durchaus mit den anderen großen Etablissements, wie dem Berliner Wintergarten und dem Apollotheater in einem Zuge nennen. Später wurden in weiteren deutschen Großstädten REICHSHALLENTHEATER eröffnet. Das verdiente Geld wurde gut angelegt. Schlegel kaufte sich ein eigenes Rittergut und, als 1888 der deutsche Kronprinz mit seinen Geschwistern im Oberhofer Jagdschloss einige Wochen Sommerurlaub verbrachten, baute Schlegel wie viele andere Berliner Investoren in diesem nunmehr „geadelten historischen Oberhof“ eine Residenz, welche damals in dem Walddorf ihresgleichen suchte.

Er baute 1891, damals noch an einem ganz prädestiniertem Platze, mit gleichzeitiger freien Fernsicht auf den Inselsberg, den Kickelhahn und den Schneekopf, ein Blockhaus im nordisch/russischem Stil. In so einem Stil baute der Kaiser damals, sehr nordlandbesessen, in vielen Gebieten Europas seine Freizeitdomizile. Diesem Stil fühlte sich natürlich auch der kaisertreue Schlegel verpflichtet. Das Innere des Hauses richtete er sich kostspielig und luxuriös, ganz im Stil des bereits ausklingenden Belle Epoque ein. Aber bereits nach wenigen kurzen Aufenthalten in Oberhof erschöpfte sich sein Interesse an diesem, in historischen Reiseführern, als Sehenswürdigkeit gekennzeichneten  „SCHLEGELSCHEN BLOCKHAUS“. Nur kurz stand das markante Gebäude zum Verkauf. Dr. med. Curt Weidhaas hatte am 14. April 1894 eine Frau Ida Schild geheiratet.

Sie brachte ein Barvermögen von 80.000 Mark mit in die Ehe. Mit einem Teil dieses Geldes erwirbt er das Haus und macht es zur VILLA BLOCKHAUS – SANATORIUM.

Er macht es zu seinem Wohnhaus und er praktiziert in diesen Räumen. Als Kur- und Badearzt hat er gut zu tun. Mit Dr. Curt Weidhaas wird das Schlegelsche Blockhaus zur Keimzelle, dem Ausgangspunkt für eine zielstrebige Entwicklung Oberhofs zu einem gefragten Heilklimatischen Erholungsort.

In einer seiner ersten Schriften hält er bereits fest: „Was dem Höhenkurort Oberhof seine große Bedeutung unter den Kurorten verschafft hat, ist in erster Linie sein Höhenklima sowie seine selten günstigen Boden- und Terrainverhältnisse, seine geographische Lage und seine allen modernen Anforderungen der modernen Hygiene genügenden Einrichtungen.“  Schon bald nach dieser Erkenntnis und dem Bekenntnis zu Oberhof wird er umfassend expandieren!

Bilder:
Anfangs noch das Schlegelsche Blockhaus
Erste Werbung des Dr. Weidhaas von 1894
Villa Blockhaus-Sanatorium nun im Besitz des Dr. Weidhaas
Sanatorium Kurhaus Marien-Bad Oberhof

Nach dem glücklichen Start in der Schlegelschen Villa geht Dr. Curt Weidhaas sehr schnell an die Umsetzung seiner Visionen von einem eigenen Sanatorium auf der Basis der Arbeit mit Höhenklimatischen Therapien. Dank einer reichlichen Mitgift seiner Ehefrau kann er an Expansion denken. Architektonisch legt er Wert auf Baupläne mit einer damals typischen Holzbauweise im nordisch, teilweise auch schweizerischem Landhausstil, wie es das deutsche Kaiserhaus und damit auch die anderen Investoren in Oberhof bevorzugen.

An der Ostseeküste hat man nach der Wende 1989 diesen Stil wieder erfolgreich restauriert und damit aufleben lassen. Als Beispiel seien die „Kaiserbäder“ auf Usedom und Rügen angeführt. In Oberhof sind 10 bis 15 solcher Architekturen hinter nichtsagenden Fassaden verschwunden.

Neben dem anfänglichen traditionellen Kurpublikum, den Angehörigen des niederen und höheren Adels, sind es zunehmend die neu entstandenen Eliten des Kaiserreiches mit Geld und neuen Bedürfnissen: Die Beamten, das Militär, aber auch der neue „Geldadel“, der sich im Zuge der Gründerjahre herausbildenden privaten Industrie- und Bankdynastien und das sich herausbildende Bildungsbürgertum, welches sich nun in Oberhof erholen will und dem Dr. Weidhaas nun weitere Investitionen abverlangen.

Dr. Curt Weidhaas verdient gut und baut weiter aus!

In den überlieferten „Oberhofer Kurlisten“ ist aus dieser Zeit auch ein starker Anteil an ausländischen Gästen erkennbar. Dies beruht nicht zuletzt auf der familiären Verflechtung des amtierenden Herzogshauses von Sachsen-Coburg und Gotha mit den meisten europäischen Dynastien. Es ist aber auch das Marketing des Dr. Curt Weidhaas, welcher unter anderem geschickt mit der Lage Oberhofs an der internationalen Bahnlinie Berlin – Mailand wirbt.

Bilder:
Kurhaus Marien-Bad Oberhof, Anzeige des Dr. Weidhaas für seine Badeanstalt
Kurhaus Marien-Bad Oberhof Winter