Von Wolfgang Lerch, Stadt-Historiker:
Die kurze Bauzeit kam daher, dass die Nazis diesen Bau als Prestigeobjekt betrachteten und daher den Reichsarbeitsdienst für die Arbeiten verpflichtet hatten. Ein großer Saal mit 350 Sitzplätzen und Bühne, Leseräume, Bibliothek, Musikzimmer, Spielzimmer und ein Schreibzimmer wurden mit Begeisterung von Oberhofern und Gästen angenommen. Das zunächst vorgesehene Lichtspieltheater im Komplex der Wandelhalle wurde zeitnah als separates Objekt im Unterland erbaut. Der vorgesehene Verzicht auf das Kino hätte beinahe zu einem größeren politischen Eklat geführt. Die an der Macht befindlichen Nationalsozialisten verlangten mit Nachdruck eine solche Einrichtung für ihre Propagandaarbeit. Der Film als massenpolitisches Instrumentarium sollte für die Beeinflussung der zahlreichen Kurgäste in Oberhof genutzt werden. Doch schon ab 1939, mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges, wurde Oberhof zur Lazarettstadt. Den Ort prägten nun zusätzlich die Kinderlandverschickung und das nationalsozialistische Mütterwerk. Ein sehr gemischtes Publikum mit viel Naziprominenz bestimmte das Ortsbild.
1945 zum Kriegsende, nach der „Braunen Zeit" sowie einem kurzen amerikanischen Intermezzo und den nachfolgenden sowjetischen Militärs sah sich auch Oberhof vor einem totalen Neubeginn. Im Mai begann die Auflösung der Lazarette. Die Inventare, aus Gerätschaften, Medikamenten und Verbandsmaterialien bestehend, wurden in der Wandel halle gesammelt, danach abtransportiert, teilweise auch der hiesigen Apotheke zur Verfügung gestellt.
Fast jeden Tag war was los
Der Neubeginn für die Wandelhalle wurde schon bald durch den Massentourismus des FDGB-Feriendienstes geprägt. Die Umbenennung 1951, entsprechend dem damaligen Zeitgeist in „Haus der Freundschaft" wurde zum Programm. Da der Saal die einzige größere städtische Einrichtung war, wurde er zum Mittelpunkt des gesamten gesellschaftlichen Lebens in Oberhof. Neben den ungezählten Veranstaltungen kultureller Art fanden hier die offiziellen Festakte zu allen politische Höhepunkten der jungen DDR statt. In Erinnerung sind den älteren Oberhofern auch die Dankesveranstaltungen nach der Wiederaufforstung 1946/47, die Namensgebung für den „Bahnhof der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft" am 8. Mai 1953, die Auftritte des sowjetischen Nohra-Ensembles, die Verleihung des Ehrennamens „Kurort der Werktätigen" 1953, zahlreiche Veranstaltungen der Arbeiterfestspiele im Bezirk Suhl 1978, die Verleihung des Status „Stadt Oberhof" 1985 sowie die zentralen 1.-Mai-Veranstaltungen und mehr. Jährlich 290 bis 320 Veranstaltungen fanden in dem Hause statt.
Eine Vergleichszahl aus der Gegenwart konnte nicht ermittelt werden, bleibt aber sicherlich höflich formuliert: überschaubar. Es waren damals vor allem die regelmäßig stattfindenden und gut besuchten Kurkonzerte, welche sich später nach den Jahren der Wiedervereinigung rar machten. Für diese beliebten Konzerte war schon bald neben dem „Haus der Freundschaft" eine Konzertmuschel errichtet worden. Später wurde sogar noch ein Neubau für diese Kurkonzerte errichtet, welcher heute aber ungenutzt im recht trist wirkenden Kurpark und der meist unbelebten Terrasse sein Dasein fristet.
Da das Haus einen Patenschaftsvertrag mit der Polytechnischen Oberschule „Wilhelm Pieck" in Oberhof abgeschlossen hatte, wurden viele Termine der Schule dort durchgeführt. Dazu zählten natürlich auch die jährliche Jugendweihe Veranstaltung, die Einschulungen, die Zeugnisübergaben, Solidaritätsbasare und der Geburtstag Wilhelm Piecks jährlich im Januar.
Über zehn Jahre war auch der Oberhofer Carnevals-Club in diesem Saal zu Hause. Oft wurde der Saal auch vermietet. Ärzte- und Ingenieur-Kongresse sowie Veranstaltungen der entstandenen Industriekombinate wurden gern in Oberhof durchgeführt.
Auch für Einheimische da
Im Kopfbau des „Hauses der Freundschaft" war ein touristischer Servicebereich untergebracht. Nicht nur für die Gäste des Ortes, nein, besonders für die Einwohner war dieses Service-Büro eine wichtige Einrichtung. Neben Fahrkartenverkauf und anderen Dienstleistungen wurde auch eine Anzeigen-Annahmestelle der Zeitung Freies Wort wichtig für die Oberhofer. Täglich gab es ab dort Sonderfahrten des Reisebüros der DDR. Dieser Servicebereich hatte ganzjährig reichlich zu tun, weilten die Urlauber doch im Schnitt für 14 Tage in Oberhof und wollten beschäftigt sein. Nicht immer genügten damals nur die Betreuungsangebote der einzelnen FDGB-Ferienheime. Und natürlich gab es auch damals schon viele Tage mit dem spezifischen Oberhofer Wetter, an denen der Urlauber ebenso sinnvolle Beschäftigung erwartete.
Ort politischer Gespräche
An dieser Stelle müssen auch die „Oberhofer Gespräche" von 1951 bis 1970 erwähnt werden. Diese medienwirksamen politischen Veranstaltungen, auch als deutsch-deutsche Gespräche bezeichnet, rückten alljährlich zum Jahresende den Ort. Oberhof in das Blickfeld vieler Politik- und Sportinteressierten in Ost und West. Vor allem in der Zeit des Kalten Krieges wurden diese Gespräche zu einem Spiegelbild der Politik der damaligen Jahre, der sich immer weiter auseinander und gegensätzlich entwickelnden deutschen Gesellschaftssysteme. Neben den da maligen politischen Repräsentanten der DDR diskutierten Sportler aus beiden deutschen Staaten aktuelle politische Tagesereignisse und Probleme der deutsch-deutschen Sportentwicklung. Neben Ulbricht, Pieck und Grotewohl nahmen auch Manfred von Brauchitsch sowie Sportler wie Hans Renner, Heinz Holland und Kuno Werner, außerdem Trainer und Funktionäre teil.
Bereits im ersten Beitrag zur Wandelhalle informierten wir zu der Wasserfläche vor der Wandelhalle. Dieses Areal bot im Winter Möglichkeiten für neue in Mode gekommene Wintersportdisziplinen wie Eishockey, Eistanz, Eisstockschießen und Curling. Diese vereiste Fläche wurde auch zur Initialzündung für einen Neubeginn des Wintersportes in Oberhof.
Bereits vom 11. bis 13. Februar 1949 fanden hier im Rahmen von Wintersportmeisterschaften, die Ostzonen-Meisterschaften im Eishockey statt. Schauplatz war die Eisbahn vor der Wandelhalle. 1 500 Zuschauer sahen von der Terrasse der Wandelhalle dieses Spektakel. Auch Oberhof trat mit einer Mannschaft in der 2. Liga an. Die Begeisterung für diese Sportart blieb in Oberhof viele Jahre erhalten. Zunächst startete man für die BSG Einheit, später für die BSG Empor Oberhof. In der Vorrundenstaffel 1955/56 erreichte die Oberhofer Mannschaft mit 33:15 Toren = 9:1 Punkten den Platz eins.
Schauplatz für Sieger
Die Wandelhalle wurde über viele Jahrzehnte der Mittelpunkt für das Geschehen um alle Sportereignisse in Oberhof. Das Sportareal vor dem Gebäude erhielt nach 1951 allerdings, wegen eines neuen Eisstadions im Gründl (Kostenumfang: 300 000 DM), ein neues Gesicht. Ein Springbrunnen mit Blumenrabatten, Spazierwege und schattige Sitzgelegenheiten wurden im Rahmen des Nationalen Aufbauwerkes (NAW) geplant und auch gebaut.
Angefangen von den Kinder- und Jugendspartakiaden, über nationale und internationale Wettkämpfe, wie Weltcups, bis hin zu Europa- und Weltmeisterschaften aller Wintersportdisziplinen blieb die Wandelhalle eine unverzichtbare Einrichtung für Organisatoren, Trainer und Sportler. Es war auch der Ort, wo sich alljährlich reichlich Zuschauer für Autogrammstunden einfanden.
Meist arbeiteten die Pressezentren im „Haus der Freundschaft". Unvergessen so manche Eröffnungsveranstaltung, Startnummernausgabe, Siegerehrung und Empfänge für siegreiche Olympiateilnehmer.
Große Rekonstruktion
Nach der Wiedervereinigung war man zunächst auf der Suche nach einem geeigneten Betreiber. Die „Kurparkklause" war eine kurze Episode. Bald schon startete man als Haus des Gastes in die neue von der Marktwirtschaft geprägte Zeit. Vor 2000 gab es für den Komplex eine umfassende Rekonstruktion im Wertumfang von etwa zwei Millionen Mark. In einem zusätzlichen großzügigen Baukörper startete die „Oberhof-Information" ihre Arbeit ins neue Jahrtausend.